So lese ich jetzt seit geraumer Zeit mal wieder das Buch "1984" von George Orwell. Vieles in dem Buch ist ja utopisch, doch bewegen wir uns gerade sehr schnell auf diese geistige Unbeweglichkeit zu, die in diesem und anderen Büchern auch besprochen wurde.
In dem Buch ist ja von "Neusprech" und "Altsprech" die Rede. Neusprech soll nach den Wünschen der Funktionäre und des Großen Bruders Altsprech ablösen, um viele Sachen effizienter zu gestalten, doch genau darin liegt eben das Gefährliche.
Die Menschen in diesem System haben vergessen, wie man seine Gedanken und Gefühle ausdrücken kann. Klar, man wird 24 Stunden beobachtet und kann sich nicht einmal in seinen eigenen vier Wänden frei entfalten, doch hat man auch vergessen, was Schrift ist.
Vor einiger Zeit las ich mal einen Aufsatz in einer Zeitschrift, in dem es um das (hand-)geschriebene Wort ging; darum, dass etwas Handgeschriebenes mehr Vokabular vonnöten macht. Auf edlem Papier mit einem guten Füllfederhalter kann man die worte nicht eben mal mit der Resettaste löschen, man kann die Worte und Sätze nicht einfach so streichen, unbemerkt und ungelesen, Aus diesem Grunde muss man mit seiner Wortwahl sehr viel sorgfältiger umgehen als man es aus dem Netz gewohnt ist. Menschen, die gewohnt sind, mit der Hand zu schreiben, haben auch ein sehr viel besseres Gedächtnis. Natürlich - Copy&Paste funktioniert nicht ganz so einfach. Sie können auch besser, sehr viel eloquenter mit der Sprache umgehen, als es Menschen können, die ihre Gedanken nur im Netz oder mithilfe der Tastatur ausdrücken können.
Sprachen lernt man besser und einfacher, indem man tatsächlich mal zu einem Stift und Papier greifen muss, um die neuen Wörter auch schriftlich fixieren zu können.
Man hat ein besseres, motorisches Gefühl - das wurde jetzt auch bestätigt in einer Studie, die besagt, dass Schüler aus den neuen Bundesländern eine bessere Handschrift haben als ihre Altersgenossen in den alten Bundesländern. (ja, im Osten wird noch Schönschrift unterrichtet).
Ich bin ein grosser Verfechter des Schreibens auf Papier, ich liebe Briefe, die eben nicht im Postfach eines E-Mail-Anbieters landen, sondern die nach einiger Zeit bangen Wartens im Briefkasten landen. Die Freude, die Worte zu entziffern (manchmal nicht ganz so einfach) und dann der Akt, wieder seine Gedanken auf dem Papier zu bannen. Vorher sucht man sich noch ein sehr schönes Papier aus. Allein diese Sachen machen doch den unschätzbaren Wert von handgeschriebenen Briefen aus, von handgeschriebenen Texten.
Nun bewegt es sich sehr auffällig dahin, dass Jugendliche ihre Sprache nicht wirklich anwenden können. Die wenigsten bekommen es heute noch hin, Notizen auf toten Bäumen zu machen, sondern halten ihrem Gegenüber eher das Handy vor die Nase, damit derjenige es selbst ablesen kann. Heutzutage werden auch keine Fakten mehr gelernt, sondern Lückentexte ausgefüllt. Indem man die Sprache nicht mehr aktiv und konsequent lernt und anwendet, kann man auch keine diesbezüglichen Fähigkeiten erwerben und ausbauen. Sprache ist ein Kommunikationsmittel. Sie muss aber auch mündlich angewendet werden zur Kommunikation. Diese darf sich nicht auf unsere E-Mail-Kontakte oder Facebook-Freunde beschränken. Wenn ich es nicht schaffe, mit meinem Gegenüber vernünftige Sätze zu wechseln, dann habe ich ihm schon eines nicht erwiesen: nämlich den nötigen Respekt.
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